Collège de France, Ende der 1970er Jahre. Michel Foucault hält zwei Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität. Im Rahmen seiner Ansätze zur Geschichte der Denksysteme widmet er sich dem Staat «als Handlungsweise und als Denkweise». Im Zentrum stehen die heterogenen Probleme, Konzepte, Institutionen, Techniken und Praktiken der staatlichen Verwaltung vom 16. bis ins 20. Jahrhundert und die Genese des modernen Liberalismus. Die moderne Regierungskunst, so die zentrale These, besteht nicht einfach in der Ausübung von Macht, sondern zeigt sich als Kunst der Führung von Individuen.
In seiner Genealogie beleuchtet Foucault eine neue Form der Wahrheitsproduktion seit dem 18. Jahrhundert: Gegenüber Policey und Staatsräson formiert sich «der Markt» als quasi-natürlicher Mechanismus. Die ökonomische Führung wird nun von der Anordnung und Organisation der Dinge zu einer eigenständigen Gesellschaftsform. Sie geht mit neuen individuellen Freiheiten einher und macht das Subjekt letztlich zum homo oeconomicus und Unternehmer seiner selbst. Der Markt wird zum organisierenden und regulierenden Prinzip des neo-liberalen Staates.
Ausgehend von der detaillierten Lektüre und Textdiskussion thematisieren wir im Seminar die Probleme und Fragestellungen, die sich für eine Kultur- und Wissenschaftsgeschichte des Ökonomischen ergeben. Die TeilnehmerInnen werden in einzelnen Sitzungen
· Fallbeispiele aus der historischen Wissenschaftsforschung erarbeiten,
· kleinere Recherchen zum politischen und intellektuellen Geschehen der 1970er Jahre anstellen und Verknüpfungen mit und Differenzen zu Foucaults früheren Arbeiten bzw. dominierenden Interpretationen der Sekundärliteratur untersuchen. |