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Die Diversity Studies stellen einen jüngeren Forschungsschwerpunkt der interdisziplinären Sozial- und Geisteswissenschaften dar, der (noch) nicht klar umrissen ist. Im Zentrum stehen sehr unterschiedliche Prozesse der Differenzierung und Identifizierung entlang von Kategorien wie Geschlecht, race und ethnicity, Klasse, Religion, Alter, Behinderung und Sexualität. Welches sind die sozialen, politischen und symbolischen Folgen solcher Differenzierungsprozesse? Dabei unterliegen diese Kategorien selbst der Analyse. Identitäten wie Geschlecht, Klasse oder ethnische Zugehörigkeit werden immer wieder neu ausgehandelt, sie überschneiden sich und können Benachteiligungen oder Privilegien verstärken. Jede selbst- oder fremdbestimmte Gruppe ist heterogen, in sich selbst divers. Akademische Forschung in diesen Bereichen ist hoch aktuell, sieht sich aber auch Herausforderungen gegenüber, nicht zuletzt in der Bestimmung ihres Verhältnisses zu politischem Aktivismus auf der einen und öffentlicher oder wirtschaftlicher Instrumentalisierung von ‚Diversität‘ auf der anderen Seite. Es kann weder um eine Essentialisierung von Identitäten noch um ein unkritisches Zelebrieren von einer bestimmten Form von Diversität gehen, die Gefahr läuft, Ungleichheiten oder Ungerechtigkeiten zu verschleiern. So werden bereits Stimmen laut, die von einer amerikanischen Diversitätsindustrie aus Wirtschaft, Bildung und Unterhaltung sprechen, die viele Ressourcen in Diversität investiere, aber wenig gegen Ungleichheit erreiche.
Im Seminar setzen wir uns mit Ansätzen, Konzepten und Befunden der interdisziplinären Diversity Studies – der Gender Studies, Critical Race Studies, Postcolonial Studies etc. – auseinander. Auf der Grundlage dieser Ansätze studieren wir Quellenmaterial. Wir reflektieren, inwiefern die Wissenschaften selbst in ihrer Geschichte und Gegenwart auf unterschiedliche Weise an Prozessen der Kategorisierung und Bewertung teilhaben. Wir lassen uns auf die Kontroversen rund um Texte von Wissenschaftler*innen ein, die Geschlechter- und ethnische Unterschiede und damit einhergehende gesellschaftliche Ungleichheiten als (mehrheitlich) biologisch bedingt erachten. Und wir fragen nach dem epistemischen Mehrwert von Diversität für die wissenschaftliche Praxis. |