Termin/e |
Di, 22.02.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 01.03.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 08.03.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 15.03.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 22.03.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 29.03.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 05.04.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 12.04.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 26.04.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 03.05.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 10.05.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, HS 4 Di, 17.05.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 24.05.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 Di, 31.05.2022, 16:15 - 18:00 Uhr, 4.B55 |
Inhalt |
Der Ton der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, so sind sich viele Beobachter einig, wird rauer: politische Meinungsverschiedenheiten verkommen zu zunehmend feindschaftlichen Begegnungen zwischen Gruppen, die ihre Identität vor allem durch Abwertung anderer definieren. Mißtrauen und Ablehnung gehen hierbei Hand in Hand mit kollektiven Entladungen von Aggression, etwa im Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Dezember 2021. Die Rede ist vom «Wutbürger» und vom Zeitalter (Pankaj Mishra) oder der Gesellschaft des Zorns (Cornelia Koppetsch).
In diesem Seminar werden wir uns nicht primär den soziostrukturellen und politischen Ursachen von Rechtspopulismus, Extremismus und Autoritarismus zuwenden, sondern den spezifischen emotionalen Zuständen, die mit diesen Phänomenen in Verbindung stehen: wir schauen uns Wut, oder genauer «Ressentiment», als politische Emotion an.
Während die großen Schottischen Aufklärer (etwa James Butler, Adam Smith oder David Hume) dem Ressentiment die Rolle der zentralen moralischen und damit progressiven Emotion zuweisen, wird das Ressentiment bei Friedrich Nietzsche und Max Scheler als eine Selbstvergiftung der Seele beschrieben: diese verhindert nicht nur eine lebensbejahende Entwicklung des Selbst, sie ist auch die Triebfeder einer letztlich regressiven gesamtgesellschaftlichen Umwälzung der Werte.
Vor dem Hintergrund der Lektüre dieser Klassiker (1. Block), wenden wir uns der kontemporären Debatte zur moralischen und politischen Bedeutung von Wut zu (2. Block): Einerseits finden Stimmen gehör, die in der Wut einen irrationalen Rachedurst identifizieren, der die Transformation zu einer gerechten Gesellschaft verhindert. Statt Wut predigen Sie Gnade und Vergebung (etwa Martha Nussbaum). Andererseits wenden wir uns vor allem AutorInnen zu, die in der Wut die einzig legitime Reaktion auf Menschheitsverbrechen (wie den Holocaust) oder strukturelles Unrecht (wie den postkolonialen Rassismus) sehen (etwa Jean Amery und Amia Srinivasan). Wut, selbst oder gerade solche die Gewalt generiert, ist der emotionale Hebel, der die Überwindung einer radikal inegalitären Werteordnung erst ermöglicht (Frantz Fanon).
In einem dritten Block setzen wir uns, zeitdiagnostisch, mit ausgewählten soziostrukturellen Ursachen der (vermeintlich) wachsenden Wut im 21. Jahrhundert auseinander: der cleavage zwischen Metropole und Peripherie (Katherine Cramer), der Globalisierung (Cornelia Koppetsch) und dem Neoliberalismus (etwa Wendy Brown oder Christian von Scheve). |