In den letzten zwanzig Jahren sind Mensch-Tier-Beziehungen verstärkt in das Zentrum der Aufmerksamkeit von Ethnolog:innen gerückt. Gerahmt ist dieses Interesse von einer Neubewertung der Position des Menschen im Anthropozän und der Kritik anthropozentrischer ethischer Modelle. Darüber hinaus haben konstruktivistische Impulse aus den Science Studies und der feministischen Theorie zu einer veränderten Sicht auf das Verhältnis zwischen Mensch und Tier beigetragen. In der Sozial- und Kulturanthropologie ist eine holistische Darstellung der belebten Welt allerdings nicht neu, da für viele der von Ethnolog:innen beschriebenen menschlichen Lebensweisen enge Beziehungen zu Tieren sowie zwischen der belebten und unbelebten Umwelt von großer Bedeutung sind.
In den Beziehungen zwischen Mensch und Tier gibt es universale Parallelen sowie große Unterschiede, die wir im Seminar kennenlernen werden. Dazu werden wir sowohl ethnologische Klassiker als auch neueste Ethnographien lesen. Egal aus welcher Epoche: Wir lesen alle Texte "gegen den Strich", das heißt wir untersuchen ihre methodischen und theoretischen Stärken und Schwächen und ordnen sie in den jeweiligen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Kontext ein. Ausserdem werden wir die Ausstellung "Tierisch!" am Museum der Kulturen in Basel besuchen.
In einem Praxis-Teil des Seminars beschäftigen wir uns mit der Rolle des Diskurses (im In- und Ausland) über die Praxis des Essens von Büsis in der Schweiz* und diskutieren, welche historischen und sozialanthropologischen Fragestellungen sich sinnvoll in dem Spannungsfeld von Ökonomie und Emotionen entwickeln lassen.
Themen
Mensch-Tier-Beziehungen im interkulturellen Vergleich
Verwandtschaft zwischen Tier und Mensch, Tiere als Verwandte
Tierethik
Nutztier- und Haustier
Die Ko-Evolution von Hund und Mensch
Tier-Furcht und -Hass
Rechtliche Auseinandersetzungen um das Tier-Wohl
Animal Ethnography
* "Der Katzenfresser: Warum ein Schweizer Bauer lieber Katzen als Sushi isst" |