Gewalt als ein ausseralltägliches und emotionsgeladenes Phänomen menschlichen Zusammenlebens weckte schon seit jeher das Interesse von Ethnologinnen und Ethnologen. Klassische Studien widmeten sich der Gewalt als Konstante in sozialen Beziehungen zwischen genealogischen Einheiten oder als Ausdruck politischer und ritueller Macht elitärer Schichten. Auch Untersuchungen zur Geburt des Krieges, zur politischen Ökonomie von kleinräumigen Konflikten und zum gewaltsamen Aufeinandertreffen von Kolonialmächten und autochthonen Gesellschaften waren lange Zeit wichtige Spezialgebiete der Politikethnologie. Mit der Zunahme von ethnisch motivierten Konflikten und Bürgerkriegen, den Terroranschlägen von 9/11 und den nachfolgenden Kriegen im Nahen Osten und Afghanistan erreichten akademische Untersuchungen zum Thema Gewalt erneute Aufmerksamkeit und Relevanz, und es wurden Studien insbesondere zum Terrorismus und staatlich sanktionierter Gewalt gefordert und gefördert.

Dieses Masterseminar liefert einen Überblick über die unterschiedlichen Themen und Herangehensweisen an das Phänomen Gewalt aus ethnologischer Sicht, von interpersoneller und häuslicher Gewalt, Gewalt und Gewaltlosigkeit in einfachen Gesellschaften, neueren Formen „traditioneller“ Gewalt wie Schadenszauber, bis hin zu Terrorismus, staatlich sanktionierter Gewalt, und Genozid als extremste Form der Gewalt. Wir werden uns insbesondere auch mit neueren Studien zur Ethnologie der Gewalt beschäftigen, und die unterschiedlichen theoretischen Erklärungsweisen und methodologischen und ethnischen Probleme bei der Untersuchung von Gewalt kritisch diskutieren.

Strathern, Andrew; Pamela J. Stewart und Neil L. Whitehead (eds.). 2006. Terror
and Violence: Imagination and the Unimaginable. Ann Arbor, MI: Pluto Press.

Whitehead, Neil L. (ed.) 2004. Violence. Santa Fe: School of American Research Press.