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Was ist «gutes Denken»? Eine erste Antwort könnte sein: Das beste Denken ist, wenn man maximale Kohärenz in seinen Überzeugungen erreicht. Das heisst: Eine gute Denkerin ist die, deren Überzeugungen maximal kohärent miteinander sind.
Nun gibt es verschiedene Probleme damit, wenn Kohärenz als höchste Tugend des Denkens angenommen wird. Eine erste: Es gibt kohärente Überzeugungen, die aber trotzdem falsch sind. Verschwörungstheorien sind eine Spielart davon. Und umgekehrt gibt es wahre Überzeugungen, die aber nicht alle miteinander in Kohärenz gebracht werden können – man stelle sich z.B. eine wissenschaftliche Theorie vor, die bis dato die vorhandene Evidenz am besten erklärt, aber nicht alle Untersuchungsergebnisse miteinander in Einklang bringen kann.
Welche Rolle spielt denn dann Kohärenz in gutem Denken? Und wenn Kohärenz nicht alleine gutes von schlechtem Denken unterscheiden kann, welche anderen Kriterien sollen dann eine Rolle spielen? Sollen z.B. Intuitionen, Gefühle, oder andere Quellen mitbestimmen, was uns überzeugen soll, auch wenn dies insgesamt zu weniger Kohärenz in unserem Denken führt?
In diesem Seminar werden wir Texte lesen, mit denen wir unter anderem Fragen wie folgende behandeln können:
- Was sind Kohärenz-Bedingungen fürs Denken überhaupt, als normative Anforderung? Es gibt verschiedene Formen von Inkohärenz im Denken, die wir kennen lernen werden. Nicht alle scheinen gleich «schlimm» zu sein.
- Können wir uns inkohärente Tatsachen oder Wahrheiten überhaupt vorstellen? Ist eine inkohärente Wahrheit überhaupt denkbar?
- Verschwörungstheorien erklären oft die gegebenen Tatsachen sogar kohärenter, als wissenschaftliche Erklärungen. Was ist trotzdem falsch daran?
- Welche geistigen Fähigkeiten sollen bei der Bestimmung, was für uns überzeugend ist, eine Rolle spielen? Sollen z.B. Gefühle, die nicht in unsere Kombination von kohärenten Überzeugungen hineinpassen, als irrational abgetan werden? Oder könnten sie umgekehrt gerade eine weitere Quelle für gutes Denken sein, wenn unsere kognitiven Fähigkeiten, die immer Kohärenz anstreben, nicht ausreichen?
Wir werden also einerseits klassische Themen der Epistemologie behandeln, uns aber auch Themen der Philosophie des Geistes (cognitive vs feeling states) bedienen, sowie Themen der Metaethik (wie man überhaupt eine «Tugend» fürs Denken bestimmt). Zudem werden wir uns dem sozialen Phänomen der Verschwörungstheorie widmen, um zu diskutieren, was gutes Denken ausmacht, und welche Rolle Kohärenz dabei spielen soll.
Die besprochenen Texte liegen ausschliesslich in englischer Sprache vor. Manchmal ist es in einem solchen Fall einfacher, die Besprechung selbst auch in Englisch zu halten. Wir werden zu Beginn des Seminars gemeinsam entscheiden, welche Unterrichtssprache wir wählen.
What is “good thinking”? A first response could be: The best kind of thinking is when one reaches maximal coherence in one’s beliefs. That is, a good thinker is the one whose beliefs are maximally coherent among each other.
There are various problems with taking coherence as the highest virtue of thinking, however. First, we can have a set of coherent beliefs, which is nevertheless false. Conspiracy theories are a version of that phenomenon. On the other hand, there can be a set of true beliefs, of which it is not possible to render all of the beliefs coherent with each other. Consider, for instance, a scientific theory that for now explains the available evidence the best, but that is not able to bring all findings in coherence with each other.
Which role does coherence thus play in good thinking? If coherence alone cannot distinguish good from bad thinking, which other criteria should then play a role? Should, for example, intuitions, feelings, or other sources also determine what we believe, even if this leads to less overall coherence in our thinking?
In this seminar we will read texts with which we’ll discuss such questions as:
- What kind of requirement are coherence requirements for thinking, as a normative condition? There are various forms of incoherence in thinking that we will encounter. Not all of them seem to be equally “bad”.
- Can we imagine incoherent facts or truths at all? That is, is an incoherent truth intelligible at all?
- Conspiracy theories often explain the available data even more coherently than scientific explanations. What’s wrong about them, nevertheless?
- Which mental faculties should play a role in our process of reaching our beliefs? Should, for instance, feelings which do not fit into our coherent set of beliefs, be dismissed as irrational? Or could they, by contrast, be a source for good thinking exactly when our cognitive faculties – which always aim for coherence – aren’t enough?
We will thus on the one hand address traditional topics in epistemology, but on the other hand also topics in the philosophy of mind (cognitive vs feeling states) as well as topics in metaethics (how to determine “virtues” of thinking). We will also look at the social phenomenon of the conspiracy theory, in order to discuss what constitutes good thinking, and which role coherence plays in it.
The texts we will read are only available in English. Sometimes it is easier in such cases to do the discussion of the texts in English, too. We will decide together at the beginning of the seminar whether we will hold it in English or in German. |