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"Die reale Möglichkeit eines
autoritären Umschwungs in den USA, und damit der ältesten Demokratie der Welt,
zeigt vor allem Eines: selbst die besten Institutionen können die Demokratie
dann nicht aufrechterhalten, wenn die Bürgerinnen und Bürger keine Demokraten
(mehr) sind. Doch wie werden aus Bürgerinnen und Bürgern Demokraten? Wie werden
aus ihnen Menschen, die die Freiheit lieben und anderen gleiche Freiheit
zugestehen? Menschen, die respektvoll miteinander kooperieren, statt sich mit
Hass und Abwertung zu begegnen? Die sich der Suche nach der Wahrheit
verpflichten statt krude Verschwörungstheorien zu verbreiten?
Diesen Fragen wenden wir uns hier, aus
philosophischer Warte, zu. Dabei werden wir sowohl Klassiker der Philosophie
der Erziehung (Platon, Rousseau, Dewey, Adorno), als auch zeitgenössische Texte
lesen (Jacques Rancière, Elizabeth Anderson, Martha Nussbaum, bell hooks). Wie
sich hierbei herausstellen wird, werden viele Problemfelder, die die
Philosophie der Erziehung auch heute noch beschäftigen, bereits in der Antike
(Platon) und in der Neuzeit (Rousseau) aufgespannt: Sollten wir den Menschen,
auch gegen seine natürlichen Tendenzen, zur Gerechtigkeit erziehen oder für ein
Umfeld sorgen, in dem sich seine ihm innewohnenden moralischen Tendenzen zum
Mitgefühl ganz natürlich entwickeln können? Sollen wir den Menschen zum
Gemeinschaftswesen, der sich für seinen Staat bereitwillig opfert, oder zum
freiheitsliebenden Individualisten erziehen? Wie ermöglicht man es den
Schüler(inne)n sich, auch entgegen weit verbreiteter aber irriger Meinungen,
auf die Suche nach Wahrheit zu begeben? Dürfen Lehrkräfte um dieses Ziel zu
erreichen manchmal auch die Unwahrheit sagen? Sollten Männer und Frauen gleich
oder unterschiedlich erzogen werden?
Die zeitgenössische Literatur, von
Dewey und Adorno zu Rancière, Nussbaum oder hooks, wendet sich verwandten
Fragen und Thesen zu: wie kann man die natürlichen Interessen und Neigungen von
Schüler(inne)n in den Mittelpunkt der Erziehung stellen und dabei die Art von
selbstständigem Denken fördern, die für eine demokratische Gesellschaft
essenziel ist? Wie erlernen Bürgerinnen und Bürger die Sensibilisierung für das
Leid anderer und für ein Gefühl des Respekt für die Gleichheit aller? Wie
führen historische Prozesse des Kampfes um moralische Prinzipien dazu, dass
Gruppen ihre moralischen Überzeugungen verändern? Wie können wir in der
Auseinandersetzung mit vergangenen Gräueltaten lernen, zukünftige moralische
Katastrophen zu verhindern? Durch die eingehende Auseinandersetzung mit diesen
Themen erhalten die Studierenden ein umfassendes Verständnis für die komplexe
Beziehung zwischen Demokratie und Bildung und für die Möglichkeit der Pädagogik
als emanzipative Praxis." |