«If it doesn’t fit, you must acquit» (vgl. DOUG LINDER, The Trial of Orenthal James Simpson [2000]). Die «Wahrheitsfindung» wird als oberstes Ziel des Strafprozesses ausgegeben. Beschuldigte Personen sollen im Falle ihrer Unschuld freigesprochen oder im Falle ihrer Schuld ihrer «verdienten» Strafe (und/oder Massnahme) zugeführt werden, um «Gerechtigkeit» wiederherzustellen. Ziel des Seminars ist es, einen Bogen vom Strafverfahren über die – im Falle eines Schuldspruchs – auszusprechende Strafe bis hin zum darauffolgenden Strafvollzug zu spannen. Der erste Themenbereich befasst sich mit Kernpunkten des Strafprozessrechts und reicht vom staatsanwaltschaftlichen Untersuchungs- bis hin zum gerichtlichen Hauptverfahren, wobei auch besondere Verfahren wie das Strafbefehlsverfahren thematisiert werden können. Dabei sollen etwa die Fragen thematisiert werden, ob es eine eigentliche materielle Wahrheit gibt, die im Laufe des Prozesses «gefunden» werden kann, welche Vorgaben bei der Wahrheitsfindung von den Strafverfolgungsbehörden eingehalten werden müssen und welche Aufgabe der Verteidigung hierbei zukommt. Der zweite Themenbereich befasst sich sodann mit der Frage, wie die «richtige» Strafe gefunden werden kann resp. soll, sobald ein Schuldspruch erfolgt ist. Hierbei soll auf die Grundprinzipien, auf denen die heutige Strafzumessung im schweizerischen Strafrecht aufbaut und auf die allgemeinen Anforderungen, die an eine «richtige» Strafzumessung gestellt werden, eingegangen werden. Sodann werden die bestehenden Strafzumessungsgründe und die gerichtliche Vorgehensweise bei der Strafzumessung thematisiert. Nicht zuletzt soll dabei auch auf die in der medialen Berichterstattung sowie im politischen Diskurs vielfach erwähnte Forderung nach härteren Strafen eingegangen werden, die oft als vermeintliches Mittel zur Lösung unterschiedlichster gesellschaftlicher Probleme herangezogen werden. Wenn schliesslich die «richtige» Strafhöhe und Strafart gefunden bzw. eine Massnahme angeordnet ist, bedeutet die Verurteilung zu einer unbedingten freiheitsentziehenden Sanktion aus Sicht der betroffenen Person nicht primär das Ende eines Strafverfahrens, sondern vielmehr den Anfang eines Vollzugs. Der dritte Themenbereich widmet sich deshalb dem Straf- und Massnahmenvollzug. Dieses Rechtsgebiet birgt eine Vielzahl von materiellen und verfahrensrechtlichen Fragestellungen, die in der Lehre noch immer wenig Beachtung finden. Erst der Vollzug aber bestimmt endgültig über die Schwere der im Strafurteil festgesetzten Sanktion. Um einen Praxisbezug zu diesen drei Themenbereichen herzustellen, sind voraussichtlich der Besuch einer Justizvollzugsanstalt sowie ein Gastreferat einer Staatsanwältin eingeplant.
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