Inhalt |
Diese Vorlesung bietet einen Einblick in klassische
und aktuelle Themenbereiche und Fragestellungen der Politikethnologie anhand
dreier zentraler Konzepte: Macht, Widerstand, Gewalt. Anhand zahlreicher
ethnographischer Fallbeispiele aus aller Welt werden politische Prozesse und
sich daraus ergebende Konflikte in einfachen wie in komplexen, staatlichen wie
auch in nichtstaatlichen Gesellschaftssystemen untersucht. Es wird aufgezeigt,
wie politische Macht zustande kommt und wie sie sich in unterschiedlichen Gesellschaftsformen
manifestiert. Es wird analysiert, welche Legitimationsstrategien politische
Führer anwenden, um Macht zu erlangen und zu verteidigen, und unter welchen
Bedingungen sich Beherrschte gegen die Forderungen und Dominanz politischen
Eliten zur Wehr setzen und Widerstand leisten können, sei dies in Form von
verborgenem oder Alltagswiderstand, bis hin zu friedlichen und nicht so
friedlichen Umstürzen und Revolutionen. Politische Konflikte zwischen
Individuen, Interessengruppen oder Lokalgruppen und Staaten, sowie die
Institutionen und Formen zu deren Beilegung durch Schlichtung, Vermittlung,
Rechtsprechung oder Krieg werden ebenso thematisiert wie die vielfältigen
Bezüge von politischen Strukturen zu Wirtschaft, Verwandtschaft und Religion.
Ein besonderes Augenmerk gilt der Gewalt als ausseralltägliches und äusserst
emotionsgeladenes Phänomen menschlichen Verhaltens, von interpersoneller
Gewalt bis hin zu zwischenstaatlichen Kriegen. Wir befassen uns sowohl mit
Theorien der Kriegsursachen- und Friedensforschung wie auch mit konkreten
Beispielen, wie bewaffnete Konflikte in der Vergangenheit beigelegt wurden,
mit den Problemen, welche sich bei einer Wiedereingliederung der ehemaligen
Kämpfer in die Gesellschaft stellen, oder wie Gesellschaften mit den Traumata
und Wunden eines Krieges umgehen und Versöhnung zwischen Konfliktparteien
fördern können. Wir beschäftigen uns aber auch mit Konflikten und
Konfliktbeilegung in nicht-staatlichen Gesellschaften, mit der Frage nach der
Existenz von friedlichen Gesellschaften, oder mit der Grundsatzfrage, ob es in
der Menschheitsgeschichte schon immer Krieg gab. All diesen Themen gemeinsam
ist, dass sie aus einer ausgeprägt ethnologischen Sichtweise - d.h. mit Blick
auf die daran beteiligten Individuen und das soziale und kulturelle Umfeld, in
dem sie sich bewegen - analysiert werden. |