Dozent/in |
Nora Anna Lipp |
Veranstaltungsart |
Proseminar |
Code |
FS251448 |
Semester |
Frühjahrssemester 2025 |
Durchführender Fachbereich |
Ethnologie |
Studienstufe |
Bachelor |
Termin/e |
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Umfang |
2 Semesterwochenstunden |
Turnus |
wöchentlich |
Inhalt |
Dieses Proseminar für Bachelorstudierende bietet eine Einführung in ethnologische Perspektiven auf Adoption und Verwandtschaft. Bereits frühe ethnographische Monografien erwähnen Adoptionspraktiken, diese lösten damals jedoch nur wenig theoretisches Interesse aus. Erst in den 1970er Jahren untersuchten Anthropologen in verschiedenen kulturellen Kontexten gezielt familiäre Konstellationen, bei denen Kinder nicht bei ihren ´biologischen´ Eltern aufwachsen. Diese Untersuchungen legten den Fokus darauf, wer wen adoptiert und aus welchen Gründen dies geschieht. Später kritisierten Anthropologen, die die kulturelle Variabilität von Verwandtschaft betonten, dieses Konzept der ´biologischen´ Elternschaft und Verwandtschaft. Diese Kritik gewann mit dem Aufkommen der neuen Reproduktionstechnologien an Schwung und die mögliche Pluralität ´biologischer´ Elternschaft weckte das Interesse der Forschenden: Wie verändert sich das Verständnis von Elternschaft, wenn Muttermilch, Spermien und Eizellen weitergegeben werden? Gleichzeitig rückte die Bedeutung ´sozialer´ Elternschaft in den Fokus. Die „New Kinship Studies“ betonen seit den 1990er Jahren die Prozesshaftigkeit und Performativität von Verwandtschaft: Soziale Handlungen seien oftmals relevanter für das Entstehen von Verwandtschaft als Gene, Blut und andere ´biologische´ Elemente. In dieser Debatte, die heutzutage oft entlang der spaltenden Frage geführt wird, ob Verwandtschaft ein „soziales Konstrukt“ oder eine „biologische Tatsache“ sei, nimmt Adoption eine Schlüsselrolle ein, da sie sichtbar macht, wie und zwischen wem Verwandtschaft sozial anerkannt wird; gleichzeitig wirft Adoption die Frage auf, ob diese Debatte nicht auf der falschen Dichotomie zwischen ´Biologie´ und ´Kultur´ basiert, die durch die Unschärfe des Begriffs „Verwandtschaft“ verschleiert wird.
Gemeinsam diskutieren wir klassische ethnologische Texte zur Adoption und widmen uns anhand konkreter ethnographischer Fallstudien Fragen wie: Entsteht durch Adoption Verwandtschaft? Und wenn ja, wie? Welche Rolle spielen Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Gene, Blut, Füttern, Wohnen, Aufzucht, Sorgerecht und andere Elemente in diesen Texten über Adoption? Was ist diesbezüglich der Unterschied zwischen Adoption und Pflegeverhältnissen? Welche kulturspezifischen Merkmale zeigen sich beim Verständnis von Adoption? Wie nehmen Kinder, Adoptiveltern und ´biologische´ Eltern Adoptionen wahr? |
Sprache |
Deutsch |
Anmeldung |
***Wichtig*** Um Credits zu erwerben ist die Anmeldung zur Lehrveranstaltung über das UniPortal zwingend erforderlich. Die Anmeldung ist ab zwei Wochen vor bis zwei Wochen nach Beginn des Semesters möglich. An- und Abmeldungen sind nach diesem Zeitraum nicht mehr möglich. Die genauen Anmeldedaten finden Sie hier: http://www.unilu.ch/ksf/semesterdaten |
Abschlussform / Credits |
Aktive Teilnahme / 4 Credits
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Hörer-/innen |
Nein |
Kontakt |
nora.lipp@unilu.ch |
Literatur |
Alber, Erdmute
2014 Soziale Elternschaft im Wandel. Kindheit, Verwandtschaft und Zugehörigkeit in Westafrika. Berlin: Dietrich Reimer Verlag
Archambault, Caroline
2010 Fixing Families of Mobile Children: Recreating Kinship and Belonging among Maasai Adoptees in Kenya. Childhood 17(2):229-242.
Berman, Elise
2014 Holding On: Adoption, Kinship Tensions, and Pregnancy in the Marshall Islands. American Anthropologist 116(3):578-590.
Bledsoe, C., and U. Isingo-Abanike
1989 Strategies in Child-fosterage among Mende Grannies in Sierra Leone. In Reproduction and Social Organization in Sub-Sahara Africa. J. Lesthaeghe, ed. Pp. 442-474. Berkeley: University of California Press
Brady, Ivan
1976 Transactions in Kinship: Adoption and Fosterage in Oceania. Honolulu: University of Hawaii Press.
Bowie, F.
2004 ‘Cross-Cultural Approaches to Adoption’. London and New York: Routledge & CRC Press.
Carsten, Janet
1991 Children in Between: Fostering and the Process of Kinship on Pulau Langkawi, Malaysia. Man 26(3):425-443.
Carucci, Laurence Marshall
2008 The Making and Nurturing of Relationships: An Ujelang/Enewetak Model in the Context of Change. Pacific Studies 31(3-4):32-57.
Carroll, Vern
1970 Adoption in Eastern Oceania. Honolulu: University of Hawaii.
Goody, Esther N.
1982 Parenthood and Social Reproduction: Fostering and Occupational Roles in West Africa. Cambridge: Cambridge University Press.
Goody, Jack
1969 Adoption in Cross-cultural Perspective. Comparative Studies in Society and History 1(11):55-78.
Howell, Signe
2006 The Kinning of Foreigners: Transnational Adoption in a Global Perspective. London: Berghahn Books.
Leinaweaver, Jessaca B.
2007 On Moving Children: The Social Implications of Andean Child Circulation. American Ethnologist 34(1):163-180.
Modell, J.S.
1994 Kinship with strangers: adoption and interpretations of kinship in American culture. Berkeley: University of California Press.
Rauchholz, Manuel
2012 Discourses on Chuukese Customary Adoption Migration, And The Laws Of State(s). Pacific Studies 35(112):119-143
Terrell, J. and Modell, J.
1994 ‘Anthropology and Adoption’, American Anthropologist, 96(1), pp. 155–161. Available at: https://doi.org/10.1525/aa.1994.96.1.02a00130
Verhoef, Heidi
2005 “Child has Many Mothers”: Views of Child Fostering in Northwestern Cameroon. Childhood 12(3):369-390.
Weismantel, Mary
1995 Making Kin: Kinship Theory and Zumbagua Adoptions. American Ethnologist 22:685-704. |