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Der Begriff des Subjekts stellt einen der zentralsten Begriffe der Sozial- und politischen Philosophie dar. Es gibt kaum einen anderen Begriff, der das westliche Denken so geprägt hat, wie der Begriff des Subjekts. Die abendländische Philosophie lässt sich ohne den Begriff des Subjekts nicht denken und das Denken selbst fällt ohne ein Subjekt als Ort des Denkens schnell auseinander. Zugleich schien das Subjekt immer nur in Zusammenhang mit etwas Anderem – sei es die äußere Welt, eine andere Person, eine Gruppe, ein Kollektiv oder gar die Gesellschaft – gedacht werden zu können.
Welche Formen nimmt dann dieser Bezug überhaupt an? Kann es mich in der Tat nur in Abgrenzung zu einer feindlichen Gesellschaft geben, oder – bedürftig, wie ich bin – sollte ich mich bedingungslos eben jener Gesellschaft fügen, die mir nunmehr als Sprungbrett zur Selbstentfaltung zur Verfügung steht? Gibt es einen Ausweg aus diesen Schlingen und kann es mich überhaupt geben oder bin ich ein Platzhalter, gar ein Produkt von gesellschaftlichen Strukturen, Machtmechanismen, ökonomischen Produktionsbedingungen, Familienstrukturen, Freundeskreisen, Liebhaber:innen etc.? Bin ich, der Mensch, nicht eher das einzige intelligente Wesen der Schöpfung, das Maß aller Dinge, unantastbar in meiner Würde, autonom in meinem Willen und autark in meiner Gefühlswelt?
Das Proseminar "Einführung in die Sozial- und politische Philosophie: Was ist das Subjekt?" versucht die Verwobenheit des Subjekts mit seiner Welt zu erörtern. Dabei werden wir uns grundlegenden Texten von G.W.F. Hegel und Friedrich Nietzsche bis Georg Lukács, Albert Camus, Hannah Arendt, Michel Foucault, Louis Althusser, Franz Fanon, Gayatri Chakravorty Spivak, Judith Butler, Jean-Luc Nancy, Maria Lugones etc. widmen. Dadurch beabsichtigt das Proseminar, die Relationalisierung und Konditionalisierung des Subjekts sowohl von der (empirischen, natürlichen, sozialen) Welt als auch vom konkreten gesellschaftlichen Anderen zu eruieren und der kritischen Reflexion zu unterziehen. |
Lernziele |
Die Ziele des Proseminars sind folgende: Zuerst beabsichtigt das Seminar, die Studierenden mit grundlegenden Texten der Sozial- und politischen Philosophie in Kontakt zu bringen. Zweitens geht es dem Proseminar darum, die Studierenden durch die begriffliche Arbeit am Konzept des Subjekts mit unterschiedlichen philosophischen Tendenzen, Traditionen und Methoden (Deutscher Idealismus, Existenzialismus, Marxismus, Kritische Theorie, Gender/Queer Theorie, Französischer Strukturalismus und Poststrukturalismus, Phänomenologie, Dekolonialismus) vertraut zu machen. Dadurch versucht das Proseminar, drittens, den Studierenden theoretische Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, wie sich mit Alltagsphänomenen philosophisch umgehen können. Nicht zuletzt sieht das Proseminar durch die unterschiedlichen Leistungsnachweisformen vor, das analytische Denken der Studierenden zu kultivieren, ihre Präsentationsskills zu verfeinern, sowie ihre Verständnisfähigkeiten aufzubauen. |
Literatur |
Indikative Literatur (der endgültige Seminarplan und die definitive Literaturliste werden zur ersten Sitzung auf OLAT geladen):
G.W.F Hegel: Phänomenologie des Geistes, Bd. 3, hrsg. v. Eva Moldenhauer u. Karl Markus Michel, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1986, S. 137-155.
Karl Marx: „Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844“, in: Marx-Engels-Werke (MEW), Ergänzungsband, 1. Teil, S. 533-546. Berlin: Dietz Verlag, 1968.
Friedrich Nietzsche: Zur Genealogie der Moral. Kritische Studienausgabe, Band 5. Berlin: De Gruyter, 1988.
Albert Camus: Der Mensch in der Revolte, Reinbeck: Rowohlt, 1997, S. 19-31.
Frantz Fanon: Schwarze Haut, weiße Masken, S. 101-132, 191-201. Frankfurt: Syndikat, 1980.
Jacques Lacan: „Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens im Freud’schen Unbewussten,“ in: ders: Schriften II, hrsg. v. Hans-Dieter Gondek, S. 325-369. Wien: TURIA + KANT, 1990.
Louis Althusser: „Ideologie und ideologische Staatsapparate. Anmerkungen für eine Untersuchung“, in: Ideologie und ideologische Staatsapparate. Aufsätze zur marxistischen Theorie, S. 108-153. Hamburg: VSA, 1977.
Hannah Arendt: Das Urteilen. Texte zu Kants politischer Philosophie, S. 33-77. Piper, München 1985.
Michel Foucault: Was ist Aufklärung?, in: Eva Erdmann u. a. (Hrsg.): Ethos der Moderne. Foucaults Kritik der Aufklärung, S. 35-54. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1990.
Gayatri Chakravorty Spivak: Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Wien: Turia + Kant Verlag, 2007.
Jean-Luc Nancy: Singulär Plural Sein, Zürich: Diaphanes, S. 47-72, 93-104.
Judith Butler: Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity, London: Routledge, 1999, S. 3-43, 84-100.
María Lugones: Pilgrimages/Peregrinajes. Theorizing Coalition against Multiple Oppressions, Lanham, MD: Littleman & Rowfield, 77-98 (Kap. 4 - Playfulness, “World”-Traveling, and Loving), 121-146 (Kap. 6 - Purity, Impurity, and Separation), 2002.
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