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Ob Slow Food, kulturelles Erbe, oder „land acknowledgements“: die Verbindung zwischen Land und Leuten ist heutzutage überall zu finden. Sie besteht nicht nur aus der blossen Verknüpfung einer Bevölkerungsgruppe mit einem Territorium (wobei das auch schon viel Aufwand beinhaltet), sondern produziert auch reichlich Stoff zur „Kultur“ der jeweiligen Gruppe bzw. Region. Die Land-Leute-Verbindung dient als Rechtsgrundlage sowie als Basis für alltägliche Verwaltungsprozesse genauso wie für den Verkauf bzw. für die Bewertung von materiellen und immateriellen Gütern. Dabei scheinen die Wissenschaften (u.a. Ethnographie, Geschichte, Kulturwissenschaft) und andere Wissensformen (Belletristik und Reportage, „Gegenwissen“, „Laienwissen“, usw.) wesentliche legitimierende Rollen zu spielen. Aber welche und wie genau? Und wie hängen diese Rollen von spezifischen historischen, ökonomischen, politischen, institutionellen und regionalen Kontexten ab? Freilich ist eine solche wissensbasierte Verbindung nichts Neues, sondern geht vielmehr mit der Entstehung der modernen Geistes- und Sozialwissenschaften als solche im ausgehenden 19. Jahrhundert einher.
Im Seminar gehen wir diesen Fragen anhand von Grundlagentexten (z.B. Boltanski/Esquerre, Bereicherung [2018]; Comaroff/Comaroff, Ethnicity, Inc. [2009]), bürokratischen Richtlinien und Kriterien zur Anerkennung des kulturellen Erbes (staatlich, NGO, regional), case studies und Medien (Karten, Berichte, usw.) der Wissensproduktion bzw. -rezeption und womöglich unserer eigenen „Feldforschung“ in der Schweiz durch den einen oder den anderen Ausflug nach. Wir schauen uns Fälle von „Land und Leute“ in verschiedenen Zeiten und Regionen der Welt an: von der K&K Monarchie über das postkoloniale Äthiopien bis zu den gegenwärtigen Kämpfen um Anerkennung von American Indian tribes. Begleitend zur Lektürediskussionen werden Übungen angeboten zur Erfassung eines englischsprachigen wissenschaftlichen Textes. |