Sie sind nicht angemeldet

Zwischen Selbstverwirklichung und Erschöpfung. Eine Wissensgeschichte moderner Arbeit und mentaler Gesundheit.


Sitzung von Do, 20.2.2025 fällt aus Wegen Krankheit der Dozentin findet die 1. Sitzung erst am 6. März 2025 statt.
Dozent/in Dr. Nora Binder
Veranstaltungsart Hauptseminar
Code FS251582
Semester Frühjahrssemester 2025
Durchführender Fachbereich Wissenschaftsforschung
Studienstufe Bachelor Master
Termin/e Do, 20.02.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 06.03.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 13.03.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 20.03.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 27.03.2025, 10:15 - 14:00 Uhr, 3.B52
Do, 03.04.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 10.04.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 17.04.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 01.05.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 08.05.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Do, 15.05.2025, 10:15 - 14:00 Uhr, E.508
Do, 22.05.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48
Umfang 2 Semesterwochenstunden
Turnus wöchentlich
Inhalt

Seitdem der New Yorker Psychotherapeut Herbert J. Freudenberger das Burnout Mitte der 1970er Jahre als Phänomen beschrieben und als direktes Ergebnis einer bestimmten, zum regelrechten „Ausbrennen“ führenden Arbeitsform gedeutet hat, wird der Zusammenhang von modernen Arbeitsweisen mit Bedrohungen für die mentale Gesundheit zunehmend heiß diskutiert. Während (soziale) Medien die Öffentlichkeit mit alarmierenden Statistiken und praktischen Tipps versorgen, wie wir die mentale Gesundheit angesichts von Stress und Überforderung erhalten können, analysieren soziologische Studien die Zumutungen gegenwärtiger Arbeitswelten und die mit ihnen zusammenhängenden Regime des Selbst – besonders prominent: das „unternehmerische Selbst“ (Bröckling) oder die „Arbeitskraftunternehmer:innen“ im flexiblen Kapitalismus. Angesichts seiner unbegrenzten Steigerungslosgiken und der zunehmenden Verwischung der Grenze zwischen Berufs- und Privatleben wird das Burnout als Leiterkrankung eines subjektivierten Kapitalismus gedeutet, als spezifisches Leiden an der Norm der Selbstverwirklichung.

Zunehmend widmen sich auch Unternehmen selbst dieser an Virulenz gewinnenden Problematik, indem sie mit betrieblichem Gesundheitsmanagement oder der Anpassung von Arbeitsplätzen an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen reagieren. Denn Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen wird vermehrt auch als ökonomisches Problem thematisiert. In Zeiten drohenden Fachkräftemangels sollen etwa Achtsamkeit- und Resilienztrainings dafür sorgen, dass Arbeitnehmer:innen ihre mentale Gesundheit aktiv erhalten und prophylaktisch stärken können.

In unserem Kurs blicken wir ausgehend von der jüngeren Debatte um psychisches Wohlergehen und Arbeit zurück auf zentrale historische Schauplätze der (Arbeits-)Psychologie während des langen 20. Jahrhunderts, die unser heutiges Verständnis von mentaler Gesundheit am Arbeitsplatz geprägt haben: Wir befassen uns dabei schwerpunktmässig mit den für ihre Geschichte zentralen sozialen und politischen Umbrüchen sowie dem „Psychoboom“ der 1960er und -70er Jahre, die bis in die Gegenwart nachwirken. Um der „Mentalen Gesundheit“, ihren Subjektivierungsweisen sowie ihrer Verbindung mit Arbeitswelten eine historische Tiefenschärfe zu verleihen, werfen wir aber auch einen Blick auf die erste „Krankheit des modernen Lebens“, die sogenannte Nervenschwäche zu Ende des 19. Jahrhunderts, sowie auf die entstehenden Psy-Wissenschaften und ihre Psycho- und Soziotechniken ab Beginn des 20. Jahrhunderts. Letzere sind es, die die ständige Arbeit am autonomen, authentischen und aktiven Selbst, die mit den 1960er Jahren dominant wird und schließlich in das „unternehmerische Selbst“ mündet, vorbereiten und informieren werden. Dabei gilt ein besonderes Augenmerk den Ambivalenzen des Mental Health-Diskurses, in dessen Aufruf, sich um seine mentale Gesundheit zu sorgen, Emanzipationsverheißungen und Selbstüberforderungspotentiale ineinandergreifen.

 


Lernziele Das Seminar führt in die Wissensgeschichte des Zusammenhangs von „Mentaler Gesundheit“ und moderner Arbeit während des langen 20. Jahrhunderts ein. Es leitet die Studierenden dazu an, die gegenwärtig geführte Debatte inklusive der mit ihr verbundenen Wissens- und Interventionsfelder vor dem Hintergrund ihrer historischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Prämissen zu betrachten und kritisch zu diskutieren.
Voraussetzungen Regelmässige Teilnahme & Mitarbeit, Impulsreferat & Essay. Bei besonderen Bedarfen Ihrerseits wenden Sie sich gerne vorab an mich unter nora.binder@uni-konstanz.de.
Sprache Deutsch
Begrenzung Max. 30 Personen
Anmeldung ***Wichtig*** Um Credits zu erwerben ist die Anmeldung zur Lehrveranstaltung über das UniPortal zwingend erforderlich. Die Anmeldung ist ab zwei Wochen vor bis zwei Wochen nach Beginn des Semesters möglich. An- und Abmeldungen sind nach diesem Zeitraum nicht mehr möglich. Die genauen Anmeldedaten finden Sie hier: www.unilu.ch/ksf/semesterdaten
Abschlussform / Credits Aktive Teilnahme (Referat, Essay) / 4 Credits
Hinweise Die Lehrveranstaltung gilt für den Bereich Konzepte.
Hörer-/innen Nach Vereinbarung
Kontakt nora.binder@doz.unilu.ch
nora.binder@uni-konstanz.de
Literatur

lain Ehrenberg, Das erschöpfte Selbst.

Nikolas Rose, Inventing Ourselves. Psychology, Power, and Personhood.

Ian Hacking, Making up People.