Sie sind nicht angemeldet

Edle Recken oder Kuhschweizer - wer waren die Eidgenossen des späten Mittelalters?


Dozent/in Dr. Klara Hübner
Veranstaltungsart Proseminar
Code HS111296
Semester Herbstsemester 2011
Durchführender Fachbereich Geschichte
Studienstufe Bachelor
Termin/e wöchentlich (Mo), ab 19.09.2011, 10:00 - 12:00 Uhr, 3.B57
Umfang 2 Semesterwochenstunden
Inhalt Die Alte Eidgenossenschaft dient bis heute als Blaupause für zahlreiche folkloristische Vorstellungen: Den Freiheitskämpfer Wilhelm Tell, den angeblichen Rütlischwur am ersten August 1291 oder den über 700-jährigen, „basisdemokratischen“ Bund von Gleichengesinnten und Gleichgestellten, der sich stets gegen jede Einflussnahme von Aussen zu verteidigen wusste - man denke dabei an die wackeren Bauern, die in fröhlicher Kampfeslust Habsburger zur Strecke bringen oder jene farbenfrohen Reisläufer, die Papst, Kaiser und Französischen König durch ihre kompromisslose Blutrünstigkeit beeindruckt haben. Hinter solchen, besonders im 19. Jahrhundert beförderten Nationalmythen stehen vormoderne Realitäten. Ausgangspunkt dieser Mythenbildung ist die Alte Eidgenossenschaft im Spätmittelalter, ein Bündnisgeflecht aus Stadtstaaten, Länderorten, zugewandten und gemeinen Herrschaften, die einander auf allen Stufen sozialer und herrschaftlicher Hierarchie begegneten. Ihre Ge-gensätze, die in heftigen Auseinandersetzungen eskalieren konnten, aber auch die zelebrierten Gemeinsamkeiten formten ihre Institutionen und die Vorstellungen von einer gemeinsamen Geschichte am Ende des 15. Jahrhunderts. Für die Fürsten im damaligen Europa stellten die Alten Eidgenossen indes ein seltsames Herrschaftskonglomerat dar, welches man nicht so recht einzuordnen wusste, selbst wenn es als Söldnerreservoir äusserst nützlich war.
Ziel der Veranstaltung ist es, sich den Eidgenossen sowohl aus der Perspektive der Traditi-onsbildung als auch aus jener der Herrschaftsrealität zu nähern: Wie ist die Eidgenossenschaft zwischen 1300 und 1500 zusammengewachsen und welche Herrschaftsstrukturen – Personen, Institutionen, Ereignisse – haben sie geformt? Wie wurde sie von aussen wahrgenommen und welche Bilder gaben sich die Eidgenossen selbst? Dazu werden wir eine Menge unterschied-lichster Schriftquellen in Original und Edition betrachten, allerdings auch zeitgenössische Darstellungen, architektonische Überreste sowie andere Realien. Zudem soll der Werkzeugkasten des Historikers zur Anwendung kommen: Wie formuliere ich eine Fra-gestellung? Wie geht man bei einer Bücherrecherche vor? Wie muss eine Bibliographie aus-sehen? Wie plane ich Referate und gestalte Referat-Handouts? Wozu Worauf muss ich bei Aufbau und der Gliederung von BA- und MA-Arbeiten besonders achten?
Sprache Deutsch
Begrenzung Max. 30 Teilnehmende
Abschlussform / Credits Aktive Teilnahme / 4 Credits
Hinweise Die Veranstaltung richtet sich in erster Linie an Studierende der Geschichte und der Kulturwissenschaften mit Major Geschichte in der Proseminarstufe.
wird in Geschichte Mittelalter/Renaissance angerechnet
Hörer-/innen Nein
Literatur - Marchal, Guy P.; Die „Alten Eidgenossen im Wandel der Zeiten. Das Bild der frühen Eidgenossen im Traditionsbewusstsein und in der
Identitätsvorstellung der Schweizer vom 15. Bis ins 20. Jahrhundert. In: Hansjakob Achermann und Peter Blickle (hg.): Innerschweiz und frühe Eid-
genossenschaft, Olten 1990, S. 309-406.
- Sablonier, Roger; Der Bundesbrief von 1291: eine Fälschung? Perspektiven einer ungewohnten Dis-kussion, in: Mitteilungen des Historischen Vereins
des Kantons Schwyz 85 (1993), S. 13-25.
- Schmid, Regula; Die schweizerische Eidgenossenschaft - Ein Sonderfall gelungener politischer Integ-ration?, in: Maleczek, Werner (Hg.): Fragen der
politischen Integration im mittelalterlichen Europa (Vorträge und Forschungen 63), Ostfildern 2005, S. 413-448.