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Religiöse Klänge, gerichtliche Klagen und soziale Ordnung. Analyse gesellschaftlicher Grenzen religiöser Ausdrucksformen in den USA und Europa


Dozent/in Prof. Dr. phil. Martin Baumann
Veranstaltungsart Masterseminar
Code HS151060
Semester Herbstsemester 2015
Durchführender Fachbereich Religionswissenschaft
Studienstufe Master
Termin/e wöchentlich (Di), ab 15.09.2015, 10:15 - 12:00 Uhr, 4.B01
Umfang 2 Semesterwochenstunden
Turnus wöchentlich
Inhalt Religion ist laut: als Glockenklang, Ruf des Muezzins, Strassenpredigt, Gesang in öffentlichen Prozessionen und vielem mehr. Nicht alle sonorischen Äusserungen von Religionen sind Nachbarn und Stadtteilbewohnern eine Freude, sie haben vielmehr zu Kontroversen bis hin zu gerichtlichen Klagen geführt. Die Sozialgeschichten der USA und Europas zeigen auf, dass Gerichte Fragen zumutbarer und unzumutbarer öffentlicher religiöser Klänge regelten und damit zugleich Fragen sozialer Ordnung und Normativität regulierten. Gerichtliche Entscheide begrenzten die öffentlichen Ausdrucksmöglichkeiten von Religionen, sei es aufgrund von Klagen gegen christliches Glockengeläut, den Ruf des Muezzins oder lauter Strassenmission von Jehovas Zeugen oder Pfingstlern. Isaac Weiner (2014) argumentiert, dass die lange Zeit in den USA dominante protestantisch-liberale Idee von ‚guter‘ Religion gerade die materielle Seite von Religion in Form von Klängen, Praktiken, Gerüchen und anderem mehr aus der Öffentlichkeit drängte und Religion als inhaltlich intellektuell, privat, dezent und unauffällig disziplinierte. An diesem Ideal modern-liberaler Religion orientiert, entschieden Gerichte in Streitfällen über sozial akzeptierte und nicht akzeptierte öffentliche religiöse Ausdrucksformen und reglementierten ‚unliebsame‘ Religionen. Der vertiefte Blick auf die Geschichte und Geschehnisse der Disziplinierung religiöser Ausdrucksformen in den USA soll verhelfen, einen analytisch-kritischen Blick auf vergleichbare Vorgänge in der Schweiz und Europa zu werfen. Wo und wann erfolgten Regulierungen von ‚zu emotionaler‘ Religion und wie kam es zur Konstruktion des Ideals modern-domestizierter guter Religion? Das Seminar wird die Studie Weiners „Religion out loud“ gemeinsam kritisch lesen und ein anwendungsorientiertes analytisches Vokabular entwickeln, um auf dieser Grundlage in studentischen Projektgruppen eigenständig historische und gegenwärtige Fälle der Disziplinierung religiöser Ausdrucksformen in der Schweiz und Europa zu untersuchen und zu diskutieren.
Lernziele Ziele des Seminars sind, Formen von materieller Religiosität in den Vordergrund zu stellen, Fälle der Regulierung und Disziplinierung von ‚lauter‘ Religion zu untersuchen, um dadurch normative Grenzen sozialer Ordnung von guter und unliebsamer Religion in liberal-säkularen Gesellschaften zu erkunden und zu bewerten.
Voraussetzungen BA
Sprache Deutsch
Leistungsnachweis keine
Abschlussform / Credits Eigenständige Recherchen und Präsentation, aktive Teilnahme / 4 Credits
Kontakt relsem@unilu.ch
Literatur Weiner, Isaac, Religion out loud. Religious Sound, Public Space, and American Pluralism, New York, London: New York University Press 2014 ($ 24,30 für das Seminar anzuschaffen).