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Als einer der charakteristischen Begriffe des 20. Jahrhunderts wird „Planung“ als gestaltender Vorgriff auf die Zukunft verstanden. Die Rede von Planungseuphorien und Steuerungsobsessionen gilt dabei den Versprechungen wissenschaftlich-technischer Modernisierungsvorhaben – vom social engineering der Zwischenkriegszeit zu den politischen Programmen von Kommunismus und Faschismus, vom pragmatischen Management europäischer Wohlfahrtsstaaten zu den Projekten der Entwicklungspolitik, von der Unternehmensorganisation zu individualisierten und flexiblen Formaten der Planung seit den 1980er Jahren.
Ausgehend von den grossen Geschichten der Verwissenschaftlichung des Sozialen, der Technologisierung von Politik, der Quantifizierung und Standardisierung von Regierungswissen widmet sich das Seminar den Werkzeugen und Praktiken des Ordnens, Planens und Steuerns. Wir beschäftigen uns mit den Büros, Schreibtischen und Sitzungsräumen, an denen sich die Zusammenhänge, die gesteuert werden sollen (etwa die Bevölkerung oder die Wirtschaft) erst konstituieren. Untersucht werden historische Artefakte (etwa Listen, Fragebögen, Formulare, Diagramme, Organigramme und Tabellen) und die zeitgenössischen Ausführungen derer, die sie konstruierten und mit ihnen hantierten.
Aus dieser kleinteiligen Perspektive werden die Beziehungen zwischen Wissenschaft, Expertise und planerischen Entscheidungen heterogen, kompliziert und brüchig. Scheitern, Missverständnisse und Zufälle sind ebenso essentielle Aspekte von Planungspraktiken wie Gestaltungsutopien und der Glaube an Krisenmanagement. Wie verhält sich eine solche Herangehensweise zu großformatigeren historischen Kategorien, zu Rationalismus- und Technizismuskritik? Wie verhalten sich die Zukunftsentwürfe von Planungsvorhaben zu spontaneistischen und aktivistischen Gegenmodellen? |