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Digitaler Wandel
ist ein komplexer und umfassender Prozess, sowohl historisch als auch
geographisch. In diesem MA-Seminar blicken wir auf die lange Tradition der
technischen Ungleichzeitigkeiten im Modernisierungsprozess zurück. Gerade die
Verfügbarkeit und die Nutzung technischer Geräte und Infrastrukturen dient oft
als Differenzmarker in der weltpolitischen Kommunikation, was u.a. in der
Annahme eines «digital divide» zwischen dem Globalen Norden und Süden zum
Ausdruck kommt. Digitalisierung wird aber oft auch als Chance für Entwicklung
gesehen, zum Beispiel um Entwicklungsschritte zu überspringen («leapfrogging»,
ICT4D). Wir werden diese gängigen Annahmen am Beispiel von Informations- und
Kommunikationstechnologien (ICT) diskutieren und differenzieren. Dabei gehen
wir im Anschluss an Marshall Sahlins von einer «Indigenisierung» von Technik
aus. Digitalisierung bedeutet demnach im Globalen Süden durchaus etwas
anderes, eigenes, als in anderen Weltregionen. Diese Formen lokaler Aneignung
vertiefen wir an konkreten Beispielen, u.a. aus dem Gesundheitsbereich. Wir
zeigen ausserdem auf, wie Teile des globalen Südens zu Vorreitern des
digitalen Wandels wurden und besprechen dies am Beispiel von Fintech in
Ostafrika. Zuletzt gehen wir auf globale Vernetzungen ein, die für den
digitalen Wandel zentral sind und die teilweise auf langjährigen, kolonialen
Machtverhältnissen beruhen. Wir fragen inwiefern Digitalisierung globale
Ungleichheiten aufheben, verschieben oder sogar forcieren kann. |
Literatur |
Arora, Payal 2019: The Next Billion Users: Digital
Life Beyond the West, Cambridge MA: Harvard University Press.Graham, Mark
(Hg.) 2019: Digital Economies at Global Margins, Cambridge MA: MIT
Press.Mutsvairo, Bruce und Massimo Ragnedda (Hrsg.) 2019: Mapping the Digital
Divide in Africa. A mediated Analysis, Amsterdam University Press.Sahlins,
Marshall 1999: Two or Three Things that I Know about Culture, in: The Journal
of the Royal Anthropological Institute , Sep., 1999, Vol. 5, No. 3 (Sep.,
1999), pp. 399-421. |