Termin/e |
Mo, 18.09.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 25.09.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 09.10.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 16.10.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 23.10.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 30.10.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 06.11.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 13.11.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 20.11.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 27.11.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 04.12.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 11.12.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 18.12.2023, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B48 Mo, 18.12.2023, 11:15 - 15:00 Uhr, HS 3 |
Inhalt |
Wenn Gendersoziologen in den letzten zwanzig Jahren das Publikum davon zu überzeugen versucht haben, dass die Unterscheidung von Mann und Frau sozial konstruiert ist, dann haben sie das oft am Beispiel öffentlicher Toiletten demonstriert. Weshalb werden Männer und Frauen auf verschiedene Toiletten geschickt, wenn innerhalb dieser Räumlichkeit wieder private Räume aufzufinden sind, zu denen nur einzelne Individuen Zugang haben. Geht es um das Privileg von Männern im Stehen pinkeln zu können oder letztlich nur darum, eine architektonische Naturalisierung des Geschlechts vorzunehmen, das als Kategorie im Alltag und im Beruf viel von seiner alten Valenz eingebüsst hat. Niemand hätte damals bestritten, dass es biologische Differenzen zwischen Männern und Frauen gibt. Es ging darum zu zeigen, dass die bestehenden Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen sich nicht auf biologische Unterschiede zurückführen lassen.
Heute wird in den öffentlichen Diskursen wieder um Toiletten gestritten, aber heute führen eher traditionelle Feministinnen die Toilette als Beispiel an, weshalb Männer und Frauen von Natur aus unterschiedlich sind. Es sind jetzt klassische Feministinnen, die darauf bestehen, dass nur „biologische“ Frauen echte Frauen sind. Die Gegner kämpfen dafür, dass die Identifikation des Geschlechts im Pass einfach einer Selbstdeklaration folgen sollte. Es geht nicht mehr darum, ob man das biologische Geschlecht wechseln kann, sondern darum, ob der Wechsel mit chirurgischen und hormonellen Therapien abgesichert sein muss. Die Toilette ist plötzlich ein halböffentlicher Raum, in dem Frauen auf Sexualstraftäter treffen können, die sich als biologische Frau registrieren lassen, um leichteren Zugang zu ihren Opfern zu finden. Dass 75-80% aller Sexualstraftäter männlich sind, plausibilisiert diese Angst.
Dieses Beispiel veranschaulicht, wie dramatisch sich die öffentlichen Diskurse über politisch brisante Themen wie Gender, Rasse und Klimawandel sich in den letzten Jahren verändert haben. Ein und dasselbe Beispiel wird von verschiedenen Gruppen aus sehr unterschiedlichen Motiven für konträre politische Ziele eingesetzt. Feminist/Innen argumentieren plötzlich für die biologischen Grundlagen der Geschlechterkategorien, die bisher eher für deren praxeologische Relativität (Doing Gender) argumentiert hatten und sprechen sich jetzt dafür aus, dass Frauen auch architektonisch beschützt werden müssen. Es sind Transgenderaktivist/Innen, die für die soziale Konstruktion des Geschlechts argumentieren, aber es sind nicht mehr die sozialen Genderkonstruktionen, sondern die in Pässen festgehaltenen Geschlechterkategorien, die jetzt dekonstruiert werden sollen. Feminist/innen naturalisieren die Geschlechterkategorien im Namen von Frauen, die plötzlich in den Augen ihrer Gegner zu den Privilegierten gehören.
Die Vorlesung wird untersuchen, wie die öffentlichen Diskurse in den Medien, der Wissenschaft, den Parteien und sozialen Bewegungen an den Themen Gender, Rasse und Klimawandel neue Grenzverläufe zwischen Natur und Kultur ziehen. Wie sich Gegnerschaften, Konstruktionen und Forderungen verschoben haben und welche Konflikte und Missverständnisse aus diesen Veränderungen resultieren.
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