Inhalt |
Spiele sind eine alternative Erhebungsmethode zu Interviews oder sonstigen üblichen Verfahren. Beispielsweise entwickeln Boltanski und Thévenot (1983) ein Spiel, um den «sozialen Sinn» zu untersuchen. Damit ist das stillschweigende Wissen über die soziale Welt gemeint, das Akteure brauchen, um ihre Umwelt und Ereignisse zu interpretieren. Spielerinnen und Spieler sollen den Beruf und das soziale Milieu einer Person erraten. Dabei müssen sie ihre Interpretationsfähigkeit anwenden. Sie können sich Informationen kaufen, wobei reichhaltige Informationen teuer sind. Die Spielerinnen und Spieler projizieren ihre konstruierten Formen auf den sozialen Raum und es werden Klassenkämpfe sichtbar. Oder Bourdieu (1982) interpretiert die Zuordnung zu bekannten Politikern von zum Teil seltsamen Begriffen (Farben, Tiere, Pflanzen, Automarken etc.) soziologisch. Die Spielerinnen und Spieler müssen assoziieren und gemäss Bourdieu wird dadurch ein Klassifikationsschema sichtbar, das Dinge «objektiv gleichbleibend erfasst» und somit kohärente Assoziationen zu den Politikern hervorbringt. Das Spiel simuliert, wie Akteure kollektive Vorstellungen von Gegenständen und Personen produzieren. Beide Beispiele machen soziale Logiken greifbar, die mittels «klassischer» Methoden nur schwer zu ermitteln sind. Wir beschäftigen uns im Seminar mit Spiel-Designs, die Ungleichheits-Mechanismen sichtbar machen. Dazu setzen wir uns zunächst mit der Literatur auseinander. In einem weiteren Schritt testen wir Designs und entwickeln Herangehensweisen, wie wir die Daten auswerten können. Sie erarbeiten im Laufe des Seminars ein eigenes kleines Forschungsprojekt, das Sie zu einer Forschungsseminararbeit ausarbeiten können. Das Seminar bietet Ihnen die Möglichkeit sich mit einer Forschungsmethode auseinanderzusetzten, die Aspekte des Sozialen sichtbar macht, die mit altbewährten Erhebungsmethoden schwer zugänglich sind. |
Literatur |
Boltanski, Luc; Thévenot, Laurent. 1983. Finding One’s Way in Social Space: A Study Based on Games. Social Science Information 22 (4–5): 631–80.
Bourdieu, Pierre. 1982. Die feinen Unterschiede. Frankfurt am Main: Suhrkamp. |