Inhalt |
Die Politik der LGTBQ Bewegung spielt sich im Spannungsfeld verschiedener Systeme ab: Zwischen den sozialen Bewegungen und den politischen Parteien und Verwaltungen im politischen System, der Wissenschaft, der Medizin und Psychiatrie sowie den Medien und dem Recht. Jedes dieser Systeme muss als relativ autonom verstanden werden. Seine Regeln und Strukturen brechen und neutralisieren externe Einflüsse. Die LGBTQ Bewegung versucht eine grosse Zahl von Individuen zu mobilisieren, um Druck auf ihre Umweltsystemen zu generieren. Die Parteien warten ab, ob es der Bewegung gelingt, ihre Themen und Framings in den Medien unterzubringen, bevor sie deren Forderungen in ihre Parteiprogramme übernimmt. Die Parteien müssen dabei im Auge behalten, dass nicht nur innerhalb einer Sammelbewegung wie der LGBTQ Bewegung ausbrechen können, dass aber auch jede erfolgreiche Bewegung eine Gegenbewegung auslöst (Antigenderismusbewegung). In derselben Situation findet sich die Wissenschaft wieder, für die die Mobilisierungskampagnen der Bewegung zum einen Chancen (Neue Themen mit politischer Aktualität) als auch Risiken (die befürchtete Zensur an Universitäten) einhergehen. Interventionsversuche einer Seite entsprechen Abwehrschlachten oder Rückzugsgefechte auf der anderen Seite. Die Kämpfe um Grenzverläufe und Objektdefinitionen spiegeln die wechselnden Kräfteverhältnisse wieder und kanalisieren zugleich den Verlauf der Auseinandersetzungen (Boundary Work). Neben diesen laufenden Konflikten bilden sich aber auch immer wieder Grenzobjekte heraus, an denen die verschiedenen Systeme partizipieren, bei denen um die Übersetzungsregeln der systemspezifischen Sprachspiele verhandelt wird. Am Prozess der Geschlechtsumwandlung sind sowohl die Patient: Innen, die Wissenschaftler:Innen, Psychiater:Innen, Mediziner:Innen, Sprachtherapeut:Innen auch die :Kosmetiker:Innen beteilgt Die Institute, an denen Geschlechtsumwandlungen vorgenommen werden, sind interessante Fälle von Grenzobjekten, deren Legitimation immer auch von ihren Umweltbeziehungen zur Politik, zu den Medien und dem Recht abhängen. Im Kurs wollen wie diese Prozesse der Grenzziehungsarbeit genauer unter die Lupe nehmen. |
Literatur |
Thomas F. Gieryn (1983): Boundary Work and the Demarcation of Science and Non-Science. Strains and Interests in professional Iedologies of Scientists. American Sociological Review, Vol. 48. 781-795)
Stefan Hirschauer (1995): Die soziale Konstruktion von Geschlechtsumwandlungen: Über die Medizin und den Geschlechtswechsel. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Susan Leigh Star (2017): Grenzobjekte und Medienforschung. transcript: Bielefeld |