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Drei grosse Theorielinien haben die Entwicklung der soziologischen Gesellschaftstheorie geprägt: die Evolutionstheorie, die Theorie der Differenzierung und die Theorie der (Kommunikations-)Medien, wobei letztere erst im 20. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung zu gewinnen beginnt (im Gegensatz zu den beiden anderen Theorieachsen, die zu den klassischen Beständen der Soziologie seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert gehören). Die Vorlesung wird sich auf diese dritte und jüngste Theorieachse konzentrieren, und dabei die wichtigsten Entwicklungen und Theorieansätze präsentieren und zur Diskussion stellen. Allerdings lassen sich gerade die neueren, an der Evolution von Kommunikationsmedien und am Begriff „Medialität" orientierten Entwicklungen der Medientheorie nicht ohne Bezug auch zu einer Theorie der Differenzierung darstellen. Ein erster Schwerpunkt der Vorlesung wird entsprechend jene Ansätze darlegen, die sich für den Zusammenhang von Medienevolution und sozialer Differenzierung interessieren: den systemtheoretischen Konstruktivismus einerseits, die historischen und ethnographischen Arbeiten des „Paradigma Kommunikation und Medien" (der Begriff stammt von Eric Havelock) andererseits. Hier anschliessend spannt sich, von der primären Oralität segmentärer Gesellschaften über die Entwicklung der Schrift, des Buchdrucks, der elektronischen Medien und des Computers und seiner «Künstlichen Intelligenz» (letzteres recht schwammig dem Begriff der «Digitalisierung» subsummiert), ein argumentativer Bogen, der darzulegen versucht, auf welche Weise die Ausdifferenzierung der modernen Weltgesellschaft in ihre Funktionssysteme (etwa Wirtschaft, Politik, Recht, Massenmedien, etc.) durch diese Medienevolution entscheidend mit geprägt worden ist. Ein zweiter Schwerpunkt der Vorlesung wird dann eine Reihe weiterer, aktuell relevanter bzw. diskutierter medientheoretischer Positionen darlegen (insbesondere die Traditionslinie der communications research, die neuere Medienwissenschaft, eventuell mit Ausblicken schliesslich auf die konstruktivistische Netzwerktheorie, die Öffentlichkeitssoziologie und die cultural studies, auf semiotische und semiologische sowie strukturalistische und poststrukturalistische Medientheorien).
Die Veranstaltung wird nicht zuletzt auch einen deutlichen «filmsoziologischen» Akzent setzen, in dem besonderen Sinne, dass die Videos und Filme einerseits auf die Illustration wesentlicher Sachthemen zielen sollen, andererseits im weiteren Verlauf der Veranstaltung als empirisches Material zur vertieften Diskussion der Funktionsweise moderner Massenmedien dienen werden.
Medientheorien ist eine vierstündige Lehrveranstaltung, bestehend aus Vorlesung und begleitendem Seminar. Sie ist durch verbindliche Textlektüre ergänzt. In den Sitzungen wird in Diskussionen die vorbereitete Literatur behandelt. Die Veranstaltung kann auch als Kolloquialvorlesung besucht werden.
Wenn Sie sich für die Vorlesung anmelden, melden Sie sich bitte auch für das Seminar an (zwingend). Beide Veranstaltungsteile (Vorlesung und Seminar) können nur zusammen besucht werden. Es gelten für beide Veranstaltungsteile die (Online-)Präsenzerwartungen von Seminaren (80% der Veranstaltungen).
Die Veranstaltung richtet sich primär an Bachelor-Studierende, aber auch an Masterstudierende, die ihren Bachelorabschluss nicht in Luzern erworben haben. |