Dozent/in |
Prof. Dr. iur. Bernd Hecker, Universität Tübingen, D |
Veranstaltungsart |
Gastlehrveranstaltung |
Code |
HS251189 |
Semester |
Herbstsemester 2025 |
Durchführender Fachbereich |
Strafrecht |
Studienstufe |
Master |
Termin/e |
Do, 13.11.2025, 16:15 - 20:00 Uhr, 4.B55 Fr, 14.11.2025, 09:15 - 12:00 Uhr | 13:00 - 15:00 Uhr, 4.A05 Sa, 15.11.2025, 09:15 - 13:00 Uhr, 4.A05 Mi, 26.11.2025, 08:30 - 09:30 Uhr, HS 10 (Prüfung) |
Umfang |
1 Semesterwochenstunde |
Turnus |
Blockveranstaltung |
Inhalt |
Ein echter europäischer Rechtsraum, in dem eine supranationale Strafgewalt mit eigenen Justizorganen aufgrund eines genuin europäischen Straf- und Strafverfahrensrechts tätig ist, existiert auch nach Inkrafttreten des Reformvertrages von Lissabon (noch) nicht. Dennoch hat sich in der Strafrechtswissenschaft die Rede vom „Europäischen Strafrecht“ als Sammelbegriff für einen eigenständigen strafrechtlichen Forschungsgegenstand durchgesetzt. Es handelt sich dabei um eine Rechtsmaterie eigener Art, die sowohl strafrechtsrelevantes Unions- und regionales Völkerrecht als auch unions- und völkerrechtlich beeinflusstes nationales Strafrecht umfasst. Im Blickfeld des Europäischen Strafrechts stehen somit zum einen alle das Straf- und Strafverfahrensrecht der europäischen Staaten unmittelbar oder mittelbar beeinflussenden Normen der europäischen Verträge (EUV, AEUV) und des europäischen Völkerrechts (EMRK) sowie das abgeleitete Recht (z.B. Richtlinien, Verordnungen, Übereinkommen) der supranationalen und internationalen Organisationen Europas (EU, Europarat). Zum anderen umfasst das Europäische Strafrecht die durch Primär- und Sekundärrecht in vielfältiger Weise überlagerten Strafrechtsregelungen des innerstaatlichen Rechts, also das europäisierte nationale Strafrecht („nationales Europäisches Strafrecht“).
Die Vorlesung behandelt zentrale Themenbereiche, die für den Nicht-EU-Staat Schweiz von unmittelbarer rechtlicher Relevanz sind, namentlich die transnationale Strafverfolgung (Rechtshilfeverkehr) in Europa. Hervorzuheben ist etwa das im Jahre 2026 zum Einsatz kommende neue EU-Instrument der E-Evidence-VO, das auf eine Herausgabe und Sicherung elektronischer Beweismittel (z.B. Chat-Nachrichten) abzielt. Seit 12.12.2008 ist die Schweiz assoziiertes Mitglied der polizeilichen und justiziellen Schengenkooperation mit den EU-Mitgliedstaaten und somit noch stärker als je zuvor in die grenzüberschreitende europäische Strafrechtspflege ein-gebunden. Die Strafrechtsentwicklung innerhalb der EU sollte bei Schweizerischen Strafjuristen schon deshalb auf praktisches Interesse stoßen, weil sich aufgrund der zentralen geografischen Lage der von „EU-Ausland“ umgebenen Schweiz („Transitland“) vielfältige transnationale Fallkonstellationen ergeben. |
Lernziele |
Die Veranstaltung setzt sich zum Ziel, den Studierenden die Grundstrukturen und Grundbegriffe des Europäischen Strafrechts zu vermitteln. Im Mittelpunkt stehen zum einen die Träger des Europäischen Strafrechts, die als institutionelle Akteure die Impulse für die Europäisierung der Strafrechtssysteme setzen, z.B. durch Erlass von Richtlinien, legislative oder judikative Umsetzung europäischer Regelungsvorgaben in nationales Strafrecht etc. Sodann werden die zentralen Europäisierungsmechanismen – Assimilierungsprinzip, Anwendungsvorrang des Unionsrechts, unionsrechtskonforme Auslegung sowie Harmonisierung des Strafrechts – beleuchtet. Dabei werden die jeweiligen Bezüge zur schweizerischen Strafrechtspflege aufgezeigt, z.B. im Rahmen des transnationalen Doppelbestrafungsverbots (Art. 54 SDÜ). |
Voraussetzungen |
Elementarkenntnisse in den Bereichen Europarecht und Strafrecht |
Sprache |
Deutsch |
Begrenzung |
Ja, 50 Personen |
Anmeldung |
Verbindliche An-/Abmeldung im UniPortal vom 15.09., 08.00 h bis 17.11. 2025, 24.00 h / gilt als Prüfungsanmeldung / RF-Studierende mit Bachelorabschluss werden prioritär zugelassen. |
Prüfung |
Eine GLV-Prüfung kann nicht repetiert werden. Die Wiederholung eines nicht bestandenen Moduls ist mit dem Ablegen einer weiteren GLV-Prüfung sichergestellt. |
Abschlussform / Credits |
Schriftliche Prüfung, passed or failed / 2 Credits
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Hinweise |
Vorlesungsplan (13.11.-15.11. 2025)
A. Grundbegriffe und Grundfragen des Europäischen Strafrechts
I. Was ist „Europäisches Strafrecht“?
II. Europäisches Strafrecht als Querschnittsdisziplin
III. Grenzüberschreitende Bezüge des Strafrechts
B. Die Träger des Europäischen Strafrechts und ihre Handlungsformen
I. Europarat
II. Europäische Union (EU)
III. Transnationale Strafverfolgung in Europa
C. Die strafrechtsrelevanten Europäisierungsfaktoren
I. Assimilierungsprinzip
II. Vorrang des unmittelbar geltenden Unionsrechts
III. Unionsrechtskonforme Auslegung
IV. Harmonisierung des Straf- und Strafverfahrensrechts in der EU
D. Transnationales Doppelbestrafungsverbot (Art. 54 SDÜ) |
Hörer-/innen |
Ja |
Kontakt |
bernd.hecker@uni-tuebingen.de |
Material |
Texte des EUV und AEUV (SCHWARTMANN (Hrsg.), Der Vertrag von Lissabon, 5. Aufl., 2018; weitere Materialien werden vom Dozenten zur Verfügung gestellt. |
Anzahl Anmeldungen |
0 von maximal 50 |
Literatur |
Was ist unentbehrlich?
Zur Vor- und Nachbereitung verweise ich auf mein Lehrbuch, an dem sich die Vorlesung orientiert:
• Bernd Hecker , Europäisches Strafrecht, Heidelberg, 7. Aufl. 2024.
Sonstige Lehrbücher
• Robert Esser , Europäisches und Internationales Strafrecht, München, 3. Aufl. 2023;
• Sabine Gles s, Internationales Strafrecht, Basel, 3. Aufl. 2021;
• Helmut Satzger , Internationales und Europäisches Strafrecht, Baden-Baden, 11. Aufl. 2025.
Handbuch
• Jürg Ackermann/Bernd Hecker , in: Ackermann (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht der Schweiz, Bern, 2. Aufl. 2021, Kap. 2 (Europäisches Strafrecht und die Schweiz). |