Dozent/in |
Dr. phil. Silvia Martens |
Veranstaltungsart |
Hauptseminar |
Code |
HS251375 |
Semester |
Herbstsemester 2025 |
Durchführender Fachbereich |
Religionswissenschaft |
Studienstufe |
Bachelor
Master |
Termin/e |
wöchentlich (Mo), ab 15.09.2025, 14:15 - 16:00 Uhr, E.411 |
Umfang |
2 Semesterwochenstunden |
Turnus |
Wöchentlich |
Inhalt |
Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit sowie damit verbundene Heilungsstrategien sind geprägt vom Menschenbild, von Weltanschauungen und kulturellen Kontexten. Im Vergleich zur westlichen «Schulmedizin», bei der die physischen Aspekte von Gesundheit im Mittelpunkt stehen, betonen religiöse Traditionen die spirituelle Dimension von Krankheit und Heilung. Dies bedingt einerseits Überzeugungen hinsichtlich der Ursache von Krankheit, andererseits auch die Erwartungen hinsichtlich der Wirksamkeit von Therapien und Heilungsansätzen. So glauben religiöse Menschen etwa daran, dass Krankheiten von übernatürlichen Wesen verursacht oder zugelassen werden können: Sie können u.a. verstanden werden als Strafe Gottes, Prüfung, Warnung und Zeichen oder als hervorgerufen von bösartigen Geistern oder neiderfüllten Mitmenschen (böser Blick). Religiöse Heiltraditionen bieten auch «Präventionsmassnahmen» zur Vorbeugung von Krankheit sowie Heilungsstrategien im Fall einer Erkrankung: Religiöse Symbole und Amulette dienen zum Schutz. Es werden religiöse Praktiken wie Gebete, Pilgerreisen, Handauflegen, Exorzismus und andere Heilungsrituale angewendet. Erkrankte Menschen suchen neben Ärzt:innen in schulmedizinischen Gesundheitsinstitutionen traditionelle Heiler und religiöse Spezialisten auf…
Das Seminar richtet den Blick auf den Umgang mit psychischer Krankheit in religiös geprägten jüdischen, christlichen und muslimischen Gruppen und Gesellschaften anhand historischer und zeitgenössischer Beispiele: Wie wurde vor dem Aufkommen der Psychiatrie im 19. Jahrhundert mit psychisch kranken Menschen umgegangen? Wie wurden psychische Störungen gedeutet? Wie wurden sie behandelt? Wir beschäftigen uns mit Zuständen, die etwa als «Wahnsinn» (Verwirrung und Verrücktheit, Raserei und Tobsucht), als «Gemütserkrankungen» (Melancholie, Schwermut) oder «Furcht» (Angststörungen) und «dämonisches Wirken» (Besessenheit) bezeichnet wurden.
Auch in der Gegenwart beeinflussen kultur- und religionsspezifische Verständnisse davon, was überhaupt als «normal», was als auffällig oder «krank» angesehen wird, den Umgang mit psychischer Krankheit. Sie ist einerseits häufig mit dem Stigma eines vermuteten Mangels an Frömmigkeit oder religiöser Praxis behaftet. Andererseits wird sie auch mit dem Wirken übernatürlicher Wesen und Mächte in Verbindung gebracht. Wir untersuchen an ausgewählten Beispielen wie religiöse Gemeinschaften in der Schweiz (und je nach Wunsch der Studierenden auch anderen Ländern) heute psychische Leiden und psychosoziale Krisen adressieren. Wie gehen sie mit Betroffenen um? Welche religiösen und sozialen Unterstützungsangebote bieten sie an? Welche Bedeutung kommt religiösen Praxen wie Exorzismen, Bibelmagie und Gebeten, Heilung durch Berühren (von Reliquien, Heiler:innen u.a.) sowie «geweihter Medizin» (Devotionalien wie Rosenkränze, Kruzifixe, Amulette, Heiligenbilder usw., Weihwasser, Einnahme von in Wasser aufgelösten Koransuren usw.) zu.
Und nicht zuletzt: Was sagt eigentlich die Forschung zur «Wirksamkeit» solcher Praktiken und generell zum Einfluss von Religiosität und Spiritualität auf die psychische Gesundheit und die Bewältigung psychischer Erkrankungen?
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Lernziele |
Die Studierenden lernen kultur-/religionsspezifische Verständnisse aus dem Umfeld der monotheistischen Religionen kennen, die sich von schulmedizinischen Krankheitskonzeptionen unterscheiden. Sie können anhand ausgewählter Fallbeispiele den Umgang mit psychischer Krankheit in der Geschichte und der Gegenwart aufzeigen und kennen den aktuellen Forschungsstand zum Zusammenhang von Religiosität / Spiritualität und psychischen Erkrankungen.
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Sprache |
Deutsch |
Anmeldung |
***Wichtig*** Um Credits zu erwerben ist eine Anmeldung zur Lehrveranstaltung über das UniPortal zwingend erforderlich. Die Anmeldung ist ab zwei Wochen vor bis zwei Wochen nach Beginn des Semesters möglich. Die genauen Anmeldedaten finden Sie hier: www.unilu.ch/ksf/semesterdaten |
Prüfung |
Aktive Mitarbeit und Referat |
Abschlussform / Credits |
Aktive Teilnahme (Referat) / 4 Credits
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Hörer-/innen |
Nein |
Kontakt |
silvia.martens@unilu.ch |
Material |
Die Lektüre wird auf OLAT bereitgestellt |
Literatur |
Texte zur Vorbereitung der Sitzungen werden jeweils auf OLAT bereitgestellt.
Empfohlene Hintergrundlektüre für Interessierte:
• Koenig, H. G. (Harold G. (Ed.). (2018). Religion and mental health?: research and clinical applications. Academic Press, an imprint of Elsevier.
• Mosqueiro, B. P., Bhugra, D., & Almeida, A. M. de (Eds.). (2021). Spirituality and mental health across cultures (First edition.). Oxford University Press.
• Rassool, G. H. (2019). Evil eye, Jinn possession, and mental health issues?: an Islamic perspective. Routledge.
• Scull, A. (2015). Madness in Civilization?: A Cultural History of Insanity, from the Bible to Freud, from the Madhouse to Modern Medicine (Pilot project. eBook available to selected US libraries only). Princeton University Press. https://doi.org/10.1515/9781400865710
• Tyson, P. J., Davies, S. K., & Torn, A. (2019). Madness?: History, Concepts and Controversies (1st ed.). Routledge.
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