Dozent/in |
Prof. Dr. Israel J. Yuval |
Veranstaltungsart |
Hauptvorlesung |
Code |
HS251533 |
Semester |
Herbstsemester 2025 |
Durchführender Fachbereich |
Judaistik |
Studienstufe |
Bachelor
Master |
Termin/e |
Di, 30.09.2025, 18:15 - 20:00 Uhr, HS 5 Mi, 01.10.2025, 12:15 - 14:00 Uhr, 3.B47 Mo, 06.10.2025, 16:15 - 19:00 Uhr, 4.B02 Di, 07.10.2025, 16:15 - 19:00 Uhr, 4.B02 Mo, 13.10.2025, 16:15 - 19:00 Uhr, 4.B02 Di, 14.10.2025, 16:15 - 19:00 Uhr, 4.B02 Mo, 20.10.2025, 16:15 - 19:00 Uhr, 4.B02 Di, 21.10.2025, 18:15 - 20:00 Uhr, HS 9 |
Weitere Daten |
Voraussichtlich auswärtiger Abendtermin: Mittwoch, 15.10.2025, OMANUT Forum für jüdische Kunst und Kultur, Zürich |
Umfang |
2 Semesterwochenstunden |
Turnus |
kein Turnus |
Inhalt |
Die bis vor einer Generation vorherrschende Sichtweise in der Erforschung des Verhältnisses zwischen Judentum und Christentum beruhte auf zwei Grundannahmen:
1. Das Judentum sei die „Mutterreligion“ und das Christentum die „Tochterreligion“. Folglich müssten vorrangig die jüdischen Ursprünge des Christentums untersucht werden.
2. Wo immer es Parallelen zwischen den rabbinischen Quellen – der talmudischen und midraschischen Literatur – und der frühchristlichen Literatur gebe, stehe das Prioritätsrecht ersterer den jüdischen Texten zu. Man nahm an, dass die talmudische Literatur zwar Jahrhunderte nach dem Neuen Testament entstand, aufgrund ihrer mündlichen Überlieferung jedoch zeitlich vor ihm liege. Auf dieser Grundlage verfassten Hermann Strack und Paul Billerbeck ihr monumentales Werk Kommentar zum Neuen Testament, in dem sie sämtliche Parallelen zwischen dem Neuen Testament und der talmudischen Literatur zusammenstellten. Ihre Arbeit beruht auf der Annahme, dass diese Parallelen das Neue Testament und seine Quellen erschließen können.
Mein Ziel in diesem Kurs ist es, eine entgegengesetzte Position zu vertreten:
1. Die beiden Religionen – das frühe Christentum und das rabbinische Judentum – sind Schwesterreligionen, die sich parallel und in ständiger gegenseitiger Beeinflussung und Befruchtung entwickelten.
2. Während seiner prägenden Phase in der Spätantike, in der das Christentum sich von einer verfolgten Minderheit zur Staatsreligion emporhob, erlebte das Judentum einen gegenläufigen Prozess der Marginalisierung. Die allgemein verständliche Sprache der Hebräischen Bibel wurde in die esoterische Sprache der mündlichen Tora zurückgedrängt. Gleichwohl nahm das rabbinische Judentum christliche Ideen auf und integrierte sie in seine eigenen Konzepte. Es tat dies verborgen und vermied bewusst eine offene Debatte mit dem Christentum. Manche Wissenschaftler sprechen hier von einer „Trennung der Wege“. Meiner Auffassung nach hat das Judentum nie aufgehört, einen verdeckten Wettstreit mit dem Christentum zu führen – einen Wettstreit, der nicht nur Ablehnung, sondern auch Aneignung einschloss.
Um die Tiefe dieses komplexen Diskurses zu illustrieren, werden wir uns auf die Feiertage konzentrieren. Wie bekannt, gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten zwischen jüdischen und christlichen Festtagen. Wir werden versuchen, die innersten Texte beider Religionen zu durchdringen, um daraus Hinweise auf ihre wechselseitigen Kontakte zu gewinnen. Dieser Ansatz soll zeigen, dass die jüdischen Feiertage zwar der Entstehung des Christentums vorausgingen, die christliche Deutung jedoch ihr Wesen grundlegend veränderte. Es erwartet uns eine faszinierende Reise, die auf die tiefen Verbindungen zwischen beiden Religionen verweist – Verbindungen, die beide Traditionen lieber verborgen hielten. Ziel des Kurses ist es, sie offenzulegen.
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Lernziele |
• Die Methodik der kritischen Lektüre historischer Quellen kultivieren.
• Die Rolle der Religion bei der Herausbildung partikularer und universeller Identitäten verstehen.
• Die Ideengeschichte mithilfe anthropologischer Werkzeuge verstehen.
• Die rabbinische und die christliche Welt als wechselseitigen Dialog darstellen, der nach bestimmten Regeln und innerhalb klarer Grenzen geführt wird.
• Für ein polyphones historisches und religiöses Denken sensibilisieren, das dabei nicht nur das kulturelle „Ich“, sondern auch das kulturelle „Andere“ – den Konkurrenten, die Bedrohung, den Verführer – in den Mittelpunkt stellt.
• Wissen und Forschungsinstrumente schaffen, die interreligiöse Toleranz fördern. |
Sprache |
Deutsch |
Prüfung |
- TF: Unbenotete schriftliche Prüfung (2 Cr) (= Unbenoteter Leistungsnachweis)
- TF: Benotete schriftliche Prüfung (3 Cr) (= Benotete Prüfung)
- KSF: Benotete schriftliche Prüfung (2 Cr)*
* Verpflichtend und vorbehalten für Anrechnung in KSF-Modulen. Gilt nicht für RWP-Studierende. |
Abschlussform / Credits |
TF: Unbenoteter Leistungsnachweis / 2 Credits
TF: Benotete Prüfung / 3 Credits
KSF: Benotete Prüfung / 2 Credits
kein Abschluss / 0 Credits
Entscheidung im November / 0 Credits
Aktive Teilnahme (Promotion) / 0 Credits
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Hörer-/innen |
Ja |
Kontakt |
martin.steiner@unilu.ch / israely@savion.huji.ac.il |
Literatur |
Daniel Boyarin, Border Lines: The Partition of Judaeo-Christianity. University of Pennsylvania Press, 2004.
Brouria Bitton-Ashkelony & Martin Goodman (eds.), Essays on Jews and Christians in Late Antiquity in Honour of Oded Irshai. Brepols, 2023.
Günter Stemberger, Jews and Christians in the Holy Land: Palestine in the Fourth Century. T & T Clark, 2000.
Guy G. Stroumsa, The Making of the Abrahamic Religions in Late Antiquity. Oxford University Press, 2015.
James D. G. Dunn, The Parting of the Ways: Between Christianity and Judaism and Their Significance for the Character of Christianity, 2nd ed. SCM Press, 2006 (1st ed. 1991).
Israel J. Yuval, Two Nations in Your Womb: Perceptions of Jews and Christians in Late Antiquity and the Middle Ages. University of California Press, 2006.
Adam H. Becker & Annette Y. Reed (eds.), The Ways That Never Parted: Jews and Christians in Late Antiquity and the Early Middle Ages. Fortress Press, 2007.
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